Bootsboom in Werder

Bevor Norman Etmanski vor sieben Jahren die Marina in Werder an der Havel übernahm, hatte er bereits zwei andere Unternehmen mitgegründet und zum Erfolg geführt. 2014 wollte er sich beruflich wieder verändern und träumte von einem Büro mit Wasserblick. „Vieles ist anders gekommen, als ich es mir vorgestellt habe“, erinnert er sich zurück. Heute kann er sich vor Anfragen kaum retten und arbeitet über 80 Stunden in der Woche. Corona hat einen Bootsboom ausgelöst.

Krisengewinner

„Unsere Branche zählt zu den Gewinnern der Krise“, resümiert Norman Etmanski. Der Inhaber der Marina Vulkan Werft in Werder hat die Entwicklung des letzten Jahres genau beobachtet und darauf reagiert. Als die Reisebeschränkungen fürs Ausland aufkamen, haben sich die Leute Alternativen im Inland gesucht. Glücklich war, wer ein Boot hatte. „Es wurde alles gekauft und gechartert, was da war“, erinnert er sich. Inzwischen gibt es Wartezeiten von bis zu zwei Jahren für neue Schiffe; für bestimmte Teile gibt es weltweit Lieferengpässe. Auch für Etmanski und seine 18 Mitarbeiter stieg plötzlich das Arbeitsaufkommen. Die Marina lackiert, wartet und repariert Boote mit einer Länge bis zu 17 Metern und sie baut Yachten nach den individuellen Wünschen ihrer Besitzer um. Dazu kommt der Hafen mit 90 Liegeplätzen im Wasser sowie 160 Winterlagerplätzen an Land. Ab Mai 2020 war hier Hochbetrieb – und der ist bis heute kaum abgeflacht.

Zwei neue Yachten

Norman Etmanski
Norman Etmanski in einer seiner ersten selbstgebauten Yachten.

Die große Nachfrage eröffnete der Marina ein weiteres Geschäftsfeld: den Schiffbau. In einer Halle am Hafen werden gerade die ersten beiden eigenen Yachten zusammengebaut – eine sei zu 60 Prozent fertig, die zweite zu etwa 40 Prozent, erzählt Norman Etmanski und betont, dass es sich um Unikate handelt. 11,50 Meter sind sie lang und entstehen in mühsamer Handarbeit. „Keine Massenware.“ Einzig der stählerne Rohbau wurde aus Holland angekauft. Der komplette Ausbau erfolgt in Werder. Wenn alles gut läuft, geht die erste Yacht im Spätsommer ins Wasser und kann dann von Urlaubern gemietet werden. Rund 2.000 Arbeitsstunden werden bis dahin investiert worden sein. Rentiert sich das Geschäft, sollen in Zukunft weitere Yachten entstehen.

Wasser – Land – Wasser

Etmanski ist in Berlin aufgewachsen, war in seiner Jugend Leistungsschwimmer und spielte beim 1. FC Union in der Nachwuchsabteilung. Mit 18 Jahren lernte er segeln und hätte fast sogar Schiffbau in Rostock studiert – entschied sich dann aber doch für den „sichereren“ Abschluss in BWL. Ein kleines Boot habe er eigentlich immer gehabt, erzählt er. Ging etwas kaputt, hat er es selbst repariert. Learning by Doing. Nachdem er sieben Jahre lang bei Immobilienscout im Marketing gearbeitet hatte, gründete er zusammen mit Freunden die Mathe-App Bettermarks und später BestFewo, das Portal für Ferienwohnungen und -häuser. An beiden Unternehmen hält er auch heute noch Anteile. Mit dem Erwerb der Marina in Werder ist er zurückgekehrt zum Wasser. Bereut hat er den Schritt nicht.

Wasserhotspot Werder

Werder sei schon immer ein beliebter Wasserhotspot für Berliner gewesen, meint Etmanski. „Raus aus der Großstadt und sofort in der Natur.“ Auch er selbst ist inzwischen nach Werder umgezogen und genießt – wann immer es möglich ist – die Umgebung von seinem Boot aus. Was viele nicht wissen: Europas größtes vernetztes Wassersportrevier lässt sich von hier aus erschließen.

Fotos: © F. Hönow

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